Auslandssemester in Donostia-San Sebastián, Spanien
Sarah Staufer
Zu Beginn meines Master-Studiums rechnete ich tatsächlich nicht damit, doch noch ein Auslandssemester zu machen, nachdem ich das im Bachelorstudium geplante Semester wegen der Pandemie nicht angetreten konnte. Aber es hat sich gelohnt, sich da noch drum zu kümmern und so konnte ich, bevor ich mit meiner Masterarbeit angefangen habe, noch 5 Monate in Donostia -San Sebastián, Spanien, verbringen. Für Public History und Kulturvermittlung gibt es zwar keine speziellen Programme, aber dank der Interdisziplinarität des Studiengangs konnte ich mich über Geschichte oder Vergleichende Kulturwissenschaften auf einen Platz bewerben.
Die Vorteile eines Auslandssemester brauche ich jetzt nicht aufzählen, denn die gelten ja für alle Fächer gleichermaßen. Aber insbesondere für die Public History eröffnet sich durch einen Aufenthalt im Ausland eine interessante internationale und interkulturelle Perspektive: Welche Erinnerungsdiskurse sind in anderen Ländern vorherrschend und wie gestalten sich dort die lokale und nationale Erinnerungskultur sowie die Aufarbeitung der Vergangenheit? Wie wird mit Kulturerbe und Denkmälern umgegangen und wie und wo wird all das vermittelt?
Gerade im Baskenland ist das Thema regionaler Identität und die Suche nach dem Ursprung sehr präsent. Daher gestaltet es sich als umso spannender, dieses öffentlich und wissen-schaftlich diskutierte Thema von der Außenperspektive aus zu betrachten. Woher kommen wir, woher kommt unsere Sprache? Warum ist sie so anders als die umliegenden Sprachen? Mit diesem gesellschaftlichen Interesse und der regionalen Verbundenheit sind auch sämtliche Feierlichkeiten verknüpft, bei denen der Regionalstolz deutlich zu spüren ist. Zwei von diesen Tagen durfte ich auch miterleben: Santo Tomas mit baskischen Tänzen in regionaler Tracht und lokalen Spezialitäten und die Tamborrada, bei der 24 Stunden lang bei einzelnen Umzügen durch die Stadt getrommelt wird und deren Ursprung mit dem Spanischen Unabhängigkeitskrieg zusammenhängt. Und so kommt man kaum drum herum, auch im Alltag eigene kleine teilnehmende Beobachtungen und Feldforschungen zu machen.
Ich hatte aber auch ein persönliches Interesse – nochmal – nach Spanien und ins Basken-land zu kommen. Durch einen Schulaustausch durfte ich die Region bereits kennenlernen und weil ich im Bachelorstudium Spanisch als Zweitfach studiert habe, war ich bereits mit den Erinnerungsdiskursen im post-franquistischen Spanien und den identitätspolitischen Programmen zur Verbreitung der baskischen Sprache Euskera vertraut. Daher kann ich jedem nur empfehlen, im Fall eines Auslandssemesters bei der Wahl des Studienortes auch die persönlichen (Forschungs)Interessen zu beachten – sofern das möglich ist. Für mich war das nämlich ein großer Mehrwert.
Studiert habe ich an der EHU/ UPV, und zwar das Fach Antropología Social, was das Pendant zur Vergleichenden Kulturwissenschaft in Regensburg ist. Insgesamt haben die Anerkennung der Kurse, Änderungen vor Ort und die Abwicklung seitens der UR sowie der EHU/UPV gut funktioniert. Ich hatte zunächst einen Sprachkurs und vier Seminare, wovon ich eines wegen Überschneidung ersatzlos streichen musste . Die restlichen drei erwiesen sich als eine gute Wahl. Ich belegte Cultura Vasca I, Museos, Patrimonio Cultural y Arte und Sistemas de Género. Einerseits bekam ich Einblicke in die Entwicklung der Sozialanthropologie im Baskenland und der baskischen gelebten Kultur sowie Erinnerungskultur. Andererseits konnte ich auch neue Forschungsbereiche der Sozialanthropologie kennenlernen, wie die feministische Anthropologie, mit der ich vorher kaum Berührungspunkte hatte.
Alle Dozierenden waren sehr nett und hilfsbereit, sodass ich, obwohl alle meine Kurse auf spanisch waren, keine Probleme hatte, dem Unterricht zu folgen. Auch bei den Klausuren kam man mir entgegen und ich durfte ein Wörterbuch benutzten. Für meine Sprachkenntnisse war es das Beste, die spanischsprachigen Kurse zu belegen, denn so verbesserten sich meine mündlichen und schriftlichen Fähigkeiten durch das Diskutieren in der Klasse, das Lesen spanischsprachiger Fachliteratur und letztlich das Verfassen der Hausarbeiten und Essays.
Da ich bereits sehr gut Spanisch konnte entschied ich mich, den baskisch Sprachkurs Lengua y Cultura Vasca zu belegen. Auch wenn es nicht leicht war, diese isolierte Sprache zu lernen und ich am Ende schon stolz war, dass ich mich vorstellen und einen Kaffee bestellen konnte, war der Kurs sehr spannend. Einerseits wurde ich vertraut mit der baskischen Sprache Euskera, die mir überall im Alltag begegnete. Andererseits machten wir mit unserem Lehrer auch Ausflüge zu sehenswerten Orten der Stadt. Er gab uns Tipps für Freizeitmöglichkeiten, baskische Musik, Bars, die Feierlichkeiten in der Stadt und er erklärte uns deren Geschichte. Um die Sprache und Stadt besser kennenzulernen, war das ideal.
Ich kann alle Studierenden nur dazu motivieren, im Rahmen des Studiengangs PHKV ins Ausland zu gehen und diese einmalige Erfahrung zu machen, die sowohl persönlich als auch fachlich wertvolle Erlebnisse ermöglicht.